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Title: Wolfgang Wildgen Migration von Sprachen und Kulturen berlegungen zur kulturellen Dynamik von symbolischen Formen Author: Wolfgang Wildgen – PowerPoint PPT presentation

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Title: Einf


1
Einführung in die Germanistische Linguistik
  • 13. Sitzung
  • Der Erwerb der Muttersprache

2
Die Hauptstadien und -komponenten
  • Mit der Ontogenese der Sprachfähigkeit ist jene
    Entwicklungsphase gemeint, in der die
    körperlichen Voraussetzungen einer Lautsprache
    geschaffen und diese Fähigkeit, sprachliche Laute
    zu produzieren, entwickelt wird. Sie umfasst den
    Zeitraum zwischen ersten feststellbaren
    inter-uterinen Lautäußerungen und
    Gehörleistungen, über den Geburtsschrei, die
    Entwicklung der Schreimuster und die Reifung der
    auditiven Wahrnehmung (in den beiden ersten
    Monaten) bis zur Lallperiode und der
    experimentellen Lautphase. Mit dem Beginn der
    Anpassung der Laut- und Wortmuster an die Sprache
    der Umgebung endet diese Phase, die
    Sprachfähigkeit ist voll entwickelt und mit ihr
    die Fähigkeit zum Sprachlernen, wozu auch die
    emotionalen, visuell-motorischen und sozialen
    Fähigkeiten gehören, die für das Sprachlernen und
    den Sprachgebrauch konstitutiv sind.

3
Die endogene Entwicklung der Sprachfähigkeit
  • Die Hauptaspekte sind
  • die Entwicklung des Mundraumes und seiner
    Motorik,
  • die Atmung, insbesondere der Übergang von der
    Bauch- zur Brustatmung,
  • das Gehör, das bereits im Mutterleib entwickelt
    ist und sich in den ersten beiden Lebensmonaten
    des Säuglings rasch entfaltet,
  • das Gehirn, das sowohl für die Koordination
    dieser Teilfähigkeiten wie auch für die
    Entstehung einer Beziehung zur Wahrnehmung und
    Motorik und für das Gedächtnis zentral ist. Eine
    auffällige Rolle beim Spracherwerb spielt dabei
    die Lateralisation des Gehirns (vgl. Kap 1). Wir
    wollen die Entwicklung chronologisch verfolgen

4
Inter-uterine Lautartikulation und Gehör
  • Im Uterus sind bereits orale Funktionen beim Kind
    entwickelt, es trinkt, lutscht am Daumen und
    schreit beim Verlust des Daumens. Diese drei
    Funktionstypen bilden allerdings noch eine
    funktionale Einheit und verstärken sich
    gegenseitig.
  • Trinken, Lutschen, Schreien sind orale
    Funktionen mit analogem Funktionswert. Ihr
    gegenseitiger Austausch oder Ersatz dient der
    Konstanterhaltung der Funktionen".
  • Das Kind ist in der Lage, Herztöne und
    Darmgeräusche der Mutter wahrzunehmen.

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Die Geburt
  • Die Geburt bedeutet einen radikalen Wechsel
    sowohl grundlegender körperlicher Funktionen als
    auch in der Außenwelt. (Umstellung der Atmung,
    der Nahrungsaufnahme, Luftmilieu statt
    Flüssigkeitsmilieu.) Der Geburtsschrei aktiviert
    gleichzeitig die Lungenatmung und löst die erste
    Wahr-nehmung der eigenen Lautproduktion (im
    Luftmilieu) aus.
  • Im Schrei ist auch der Appell an die Mutter
    (instinktiv) ent-halten und es beginnt mit dem
    Schrei und der Reaktion der Pflegeperson (der
    Mutter) auf den Schrei die soziale Interaktion.
    Damit sind Selbstwahrnehmung und sozialer
    Wirkungszusammenhang bereits in dieser
    Startsituation gegeben. Sie werden im Folgenden
    funktional und differenziert in der Art und Weise
    ihrer Realisierung entfaltet.

6
Die nachgeburtliche Entwicklung bis zur Lallphase
  • Die Schallwahrnehmung entwickelt sich sehr
    schnell. Bereits nach sechs Stunden reagiert der
    Säugling auf Schall. In der zweiten und dritten
    Woche reagiert es auf Sprache als spezielles
    Geräusch, diese Differenzierung ist bereits in
    der dritten Woche deutlich ausgeprägt der
    Säugling reagiert auf die Wahrnehmung
    menschlicher Sprache durch verstärktes Saugen.
    Dies zeigt, dass die Sprachwahrnehmung subjektiv
    an die instinktive Bewegung der Nahrungsaufnahme
    gekoppelt ist. In der weiteren Entwicklung
    differenziert sich das Schreien des Kindes in
  • das Hintergrundschreien (etwa wenn der Säugling
    vier Stunden keine Nahrung erhalten hat),
  • der Schmerzensschreien,
  • das Plappern, als Austausch des Wohlgefühls (etwa
    ab dem dritten Monat.

7
  • Die differenzierten Schreie des Säuglings und
    seine individuelle Eigenart können von den
    Müttern identifiziert werden, außerdem geben sie
    dem Arzt Auskünfte über die Entwicklung und evtl.
    Störung des Kindes. Die Bezugspersonen reagieren
    allerdings nicht alle gleich gut, d.h. es gibt
    Unterschiede der Aufnahmefähigkeit und einen
    Lernprozess bei den Bezugspersonen. In
    Wasz-Hokert, (1981) wurde anhand von
    Hauttemperatur-Messungen eine sog. Risikogruppe"
    von Müttern definiert, die auf die Provokation
    von Hunger- und Schmerz-geschrei geringer
    reagierte als eine Gruppe normaler Mütter
    (erhoben anhand von 600 Erstgebärenden). Eine
    nicht genügende Reaktion der Bezugsperson kann zu
    Störungen des Entwicklungsverlaufs beim Säugling
    führen. Eine Mutter kann unter neun Neugeborenen
    ihr eigenes am Schreien identifizieren, außerdem
    zeigten Unter-suchungen in Sheffield an Müttern,
    die zu fünft mit ihren Säuglingen in einem Raum
    schliefen, dass meist nur die Mutter des
    schreienden Kindes aufwachte. Das Schreien des
    Kindes ist also sowohl als Appell als auch als
    Identifikationssignal eine sehr effektive
    Kommunikation.

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  • Eine weitere Funktion gerade (und nur) der
    vorsprachlichen und frühen Sprachentwicklung
    liegt in ihrer Aggressionshemmung (vgl.
    Eibl-Eibesfeld, 1981 519). Hauptstadien dieser
    kommunikativen Funktion beim Säugling sind
  • Der Säugling lässt sich durch Streicheln oder
    Stillen beruhigen (Neugeborenes).
  • Beim Erblicken eines Gesichts hält er kurz inne
    (1. Monat).
  • Beim Ansprechen der Mutter reagiert das Kind
    durch Fixieren des Blicks und durch ein
    flüchtiges Lächeln (Ende des 2. Monats).
  • Das Kind folgt einer sich bewegende Person mit
    den Augen, Einsetzen des sog. sozialen Lächelns"
    (Ende des 3. Monats).
  • Lautes Lachen, wenn das Kind von Erwachsenen
    geneckt wird (Ende des 4. Monats).

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  • Die Entwicklung des Sprachverstehens und der
    Sprachpro-duktion (inklusive Schreien und Laute)
    ist parallel zur Entwicklung anderer
    Verhaltensformen und kann mit diesen korreliert
    werden. Für die Diagnose von Entwicklungsstörungen
    sind einige Asynchronien aufschlussreich.
    Hellbrüge und seine Mitarbeiter haben eine
    statistische Normalitätstabelle ent-wickelt, nach
    der für jedes einzelne Verhalten das
    Standard-alter bestimmt werden kann. Asynchronien
    der jeweiligen Altersstufen sind aussagekräftig
    für Retardierungen und deren Ursachen. Ich gehe
    kurz auf das Schema der Münchener funktionalen
    Entwicklungsdiagnostik" ein. Sie unterscheidet
    (neben den realen Alter in Jahren) die folgenden
    Stufen
  • Krabbelalter Perzeptionsalter Sitzalter
    Sprachalter
  • Laufalter Sprachverständnisalter
  • Greifalter Sozialalter

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Die zur Sprache führende kognitive und soziale
Entwicklung des Kindes
  • Es gibt zwei extreme Positionen, welche im
    Forschungsprozess der Psycholinguistik
    disqualifiziert wurden und deshalb außerhalb
    unserer Betrachtung bleiben
  • Der extreme Nativismus. Die Grammatik (als
    Universalgrammatik) ist dem Kinde angeboren und
    tritt nach Ablauf der körperlichen (normalen)
    Reifung schlagartig in Erscheinung. Lernprozesse
    sind lediglich Filter, welche nicht zur
    Umgebungssprache passende Regeln eliminieren (in
    einer Art Falsifikationsprozess à la Popper).
  • Der extreme Behaviorismus. In Reiz-Reaktions-Situa
    tionen lernen" Kinder akzeptables
    Sprachverhalten. Es gibt kein (wissenschaftlich
    zugängliches) allgemeines System, d.h. die black
    box der Kognition und der Sprachverarbeitung ist
    uneinsehbar.

11
Der Ansatz von Piaget (Genfer Schule)
  • Piaget hat eine dynamische Sicht auf den
    Spracherwerb, den er als Fließgleichgewicht
    (Äquilibration) von zwei, teilweise konträren
    Prozessen ansieht
  • Die Assimilation. Alles Wahrgenommene, Gelernte
    wird in bereits vorhandene Schemata oder
    Operationen integriert. Dabei wird in erster
    Linie der Input modifiziert (interpretiert).
  • Die Akkomodation. Das System der Schemata und
    Operationen wird verändert, wodurch eine bessere
    Auswertung von Wahrnehmungen und Lernchancen
    erreicht wird.
  • Das Gleichgewicht (Äquilibration) definiert
    Entwicklungsstufen, die allerdings individuell
    sehr variabel realisiert werden (in verschiedenen
    Zeitstufungen). Diese Grundvorstellung ist
    vielfach kritisiert und modifiziert worden,
    bleibt aber als dynamischer Ansatz relevant.

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Die sensomotorische Stufe
  • Sie dauert bis 1 ½ oder 2 Jahre und enthält eine
    erste Periode der Zentrierung auf den eigenen
    Körper (sieben bis neun Monate) gefolgt von einer
    Periode, in der die praktische Intelligenz an den
    Raum angepasst wird.
  • Nach Piaget erwirbt das Kind mit ca. 2 Jahren den
    Plan des konstanten Objektes. Eine ganze Reihe
    von im Anschluss an Piaget durchgeführten
    Experimenten zeigt, dass die Objektkonstanz stark
    von den Objekten und den Kontexten ihres
    Auftretens bzw. Verschwindens abhängt. So sucht
    das Kind bei Verdunkelung bereit mit 5 bis 7
    Monaten nach dem verschwundenen Objekt ein
    Verschwinden hinter der Wand wird eher als
    Weiterexistenz interpretiert als ein Zudecken
    (Verschwinden in).
  • Selbst Erwachsene glauben manchmal, der im Wasser
    aufgelöste Zucker habe aufgehört zu existieren.
    Zusammengefasst heißt dies, es wird nicht so sehr
    eine formale Konstanzeigenschaft als vielmehr
    eine inhalts- und kontextbezogene Eigenschaft
    gelernt, die zudem von der Entwicklung des
    Gedächtnisses abhängig ist und deren Nachweis
    außerdem die Fähigkeit zur zielorientierten
    Bewegung voraussetzt.

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Die präoperationale Phase
  • In dieser Phase wird die sogenannte
    "Vorstellungsintelligenz" weiter entwickelt. Im
    Alter von etwa zweieinhalb Jahren bilden sich
    sensomotorische Prozesse zu inneren Bildern und
    zur Sprache weiter dabei sind Spiel und Traum
    wichtige Stadien des Übergangs. In ihnen wird die
    Imitation kreativ gestaltet und zur
    Repräsentation weiterentwickelt. Piaget sagt in
    seinem Buch "Nachahmung, Spiel und Traum"
    (Piaget, 1969 273)
  • "In den großen Linien kann man also sagen, dass
    sich mit der geistigen Entwicklung die
    nachahmende Akkommodation und die spielerische
    Assimilation immer enger koordinieren, nachdem
    sie einmal differenziert worden sind ... im
    Symbolspiel liefern die zuvor nachahmenden
    Vorstellungsbilder die "Zeichen" und die
    spielerische Assimilation die Bedeutungen im
    angepassten Denken integriert, beziehen sich
    Vorstellungsbild und Assimilation schließlich auf
    die gleichen Gegenstände."

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Egozentrismus
  • Ein konstitutives Merkmal dieser Phase, der
    Egozentrismus des Kindes, war einer breiten
    Kritik ausgesetzt. Als vorläufiges Resultat
    dieser Kritik kann man nur noch von einer Zunahme
    der inhaltlichen Dezentralisierung sprechen.
    Zeil-Fahlbusch (1983 34) beschreibt diese
    Konzeption wie folgt
  • Von einer Stufe der Zentrierung auf ein Ich, das
    sich selbst nicht erkennt, weil Subjektives und
    Objektives nicht geschieden sind, führt die
    allmähliche Dezentrierung des Subjektes zur
    doppelten Bewegung der Exteriorisation, die auf
    die physikalische Objektivität bzw. soziale
    Reziprozität hinzielt, und der Interiorisierung,
    die auf die logisch-mathematische Kohärenz bzw.
    moralische Autonomie hinzielt.

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Die konkret-operationale Stufe
  • Auf dieser Stufe, welche eine Reihe
    klassenlogischer Strukturen (Klassifikation,
    multiple Klassifikation, Inklusion,
    Transitivität) und geometrischer (vorwiegend
    euklidischer) Konzepte hervortreten lässt, ist
    das Lernen offensichtlich je nach Inhalt und
    Kontrast der Vergleichsobjekte bzw. je nach
    Prägnanz der Eigenschaften sehr unterschiedlich,
    so dass die grundlegende Strukturgenese nur als
    abstrakte Generalisierung gültig ist. Diese Stufe
    wird etwa mit sieben bis acht Jahren erreicht.

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Die formal-operationale Stufe
  • Der Heranwachsende (zwischen dem 11. und dem 15.
    Lebensjahr) wird fähig, abstrakte
    Denkoperationen, in denen Hypothesen und mögliche
    Konsequenzen ins Auge gefasst werden,
    auszuführen. Er nützt dabei die logische
    Kombinatorik und das Denken in Proportionen
    (relativen Größen und Gewichten). Die
    Vertrautheit der Inhalte scheint auch auf dieser
    Stufe eine wesentliche Determinante zu sein
    außerdem wird diese Stufe selbst von Erwachsenen
    nur sehr unvollständig erreicht.
  • Insgesamt ergibt die Auseinandersetzung mit dem
    Werk von Piaget (besonders seit den 60er Jahren,
    als seine Arbeiten in den USA rezipiert wurden)
    eine revidierte Stufentheorie.

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Zusammenfassung
  • Die sensomotorische Phase
  • - enaktive Repräsentation des Erkennens.
  • Die unbewusst-situationsgebundene Phase
  • ikonische und symbolische Repräsentation von
    Wahrnehmungsinhalten,
  • - enaktive Repräsentation von
    Prozessstrukturen.
  • Die bewusste, situationsabgelöste Phase Es
    bleibt eine Beschränkung auf bestimmte Inhalte
    bestehen.
  • Die formal-abstrakte Phase
  • Inhaltsgebundene, abstrakt-symbolische
    Repräsentationen sind in spezifischen Bereichen
    erreichbar (z.B. in den mathematisierten
    Wissenschaften).

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Bruners pragmatische Theorie der Herausbildung
von Sprache
  • Primär für Bruner ist
  • Die Zielgerichtetheit der kindlichen kognitiven
    Tätigkeit.
  • Der außerordentlich kommunikative und soziale
    Charakter des kindlichen Handelns und Sprechens
    in den ersten eineinhalb Jahren sowie die
    Einbettung in eng umgrenzte Situationen der
    Familie.
  • Prinzipiell kann Bruners Hypothese als eine
    pragmatisch erweiterte genetische Theorie
    angesehen werden. Wir wollen kurz die wichtigsten
    Züge seines Ansatzes charakterisieren.
  • Als Basis der eigentlichen Entwicklung nimmt
    Bruner instinktive biologische Prozesse an, wie
    Saugverhalten, ursprüngliche Anhänglichkeit
    gegenüber der Bezugsperson, erste sensorische
    Kontakte mit der Welt.

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Bruner unterscheidet drei Phasen
  • Das Hinweisen und die Aufmerksamkeitsbewegungen
  • Die Blickbewegungen von Mutter und Kind
    durchlaufen nach Bruner die folgenden Phasen der
    Koordination
  • Die Mutter folgt der Blickbewegung des Kindes.
  • Das Kind folgt (ab dem 4. Monat) der
    Blickbewegung der Erwachsenen.
  • Die Blickbewegungen von Mutter und Kind sind
    koordiniert, so dass eine gemeinsame Fokussierung
    der Aufmerksamkeit erreicht wird.
  • Aus dieser Koordination der Blickbewegungen
    entwickelt sich die greifende, die gerichtete und
    schließlich die hinweisende Geste.

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  • Die verhaltensgemäße Deixis
  • Das Kind befreit sich zunehmend von situativen
    Reizen und spezifischen Ablaufmustern. Es
    versucht, ein feldunabhängiges Bezugssystem zu
    entwickeln.
  • Wenn das Verhalten immer geschickter werden
    soll, muss es sich im zunehmenden Maße von der
    unmittelbaren und sequenziellen Regulierung durch
    Stimuli der Umwelt befreien. Ich meine, dass
    diese Freiheit dann erreicht wird, wenn nicht
    mehr bloße Reaktionen erfolgen, sondern
    Lokalisierungen in einem Bezugssystem gelernt
    werden. (Bruner u.a., 1971 41)
  • Die Orientierung durchläuft folgende Stadien
    (wobei eine Diskontinuität möglich aber nicht
    notwendig ist)

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  • Es wird die Orientierung hier dort
  • ich du
  • gelernt und benannt.
  • Aus der Koordination der Blickrichtung entsteht
    die räumliche und personale Deixis.
  • Im reziproken Spielverhalten wird die Perspektive
    und deren Umkehrung (z.B. auch das Geben und
    Nehmen) gelernt.
  • Die sprachliche Deixis bildet die Basis für die
    semantischen Rollen (Tiefenkasus).

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  • Das Benennen
  • In diesem Stadium der Objektfixierung kann das
    Kind mit dem Benennen beginnen. Dieses führt in
    seiner Ausbauphase zur Prädikation. Sie hat
    pragmatisch eine Topic-Comment-Struktur.
  • Der Topic setzt die Konstitution von
    Gegenständen der gemeinsamen Aufmerksamkeit
    voraus. Diese können durch Augenbewegungen
    (vgl. 1), durch gemeinsames, koordiniertes
    Handeln oder durch explizite Deixis (gestisch,
    verbal) bestimmt sein.
  • Der Comment hat als Basis eine intersubjektive
    Anteilnahme am Topic und kann beim Kind durch
    eine Rückversicherung, z.B. als Blickkontakt zum
    Erwachsenen, als Geplapper oder als verbaler
    Kommentar, der an den Partner gerichtet ist, zum
    Ausdruck kommen.

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  • Kommunikative Routinen
  • Die kommunikativen Routinen, aus denen später
    Modi, Sprechakte und Kasusrollen werden, sind für
    Bruner ebenfalls im Vorsprachlichen bereits
    vorgeprägt als
  • Modus des Verlangens (z.B. realisiert im Schreien
    des Babys),
  • Modus der Aufforderung (Schreien, Pause mit
    Erwartung einer Antwort der Mutter),
  • Modus des Austausches mit Rollentausch (Geben,
    Nehmen, Spielen),
  • Modus der Ergänzung. Die Aktivität des Kindes ist
    an einer gemeinsamen Aufgabe orientiert so hält
    etwa die Mutter eine Schachtel hin, das Baby
    füllt sie.

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Die aktive Sprachentwicklung
  • Die Sprachentwicklung bis zum dritten Lebensjahr
    lässt sich in vier Phasen einteilen (zu diesem
    Zeitpunkt wird die Verständigungsfähigkeit in der
    Muttersprache erreicht)
  • Die Lall- oder Plapperphase.
  • Die Phase der Ein-Wort-Sätze.
  • Die Phase der Mehr-Wort-Sätze.
  • Die Bildung syntaktisch und morphologisch
    komplexer Ausdrücke.

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Der perzeptuelle Ausgangspunkt der Lall- oder
Plapperphase
  • Die sehr frühe Sprachwahrnehmung wurde in Eimas
    (1985) experimentell untersucht, und wir wollen
    als Ergänzung der phänomenologisch leichter
    nachvollziehbaren Beobachtungen die Ergebnisse
    dieser Studie und die dabei angewandten Methoden
    näher betrachten. In einer ersten Serie von
    Experimenten wurde geprüft, ob die Kleinkinder im
    Alter von einem und von vier Monaten Unterschiede
    zwischen Sprachlauten wahrnehmen. Die
    Lautunterscheidung wurde indirekt durch
    körperliche Reaktion auf neue Reize gemessen bei
    Eimas u.a. (1971) durch die Nuckel-Rate, d.h. dem
    Saugdruck auf einen Nuckel und dessen
    Frequenzveränderung, bei Lasky u.a. (1975) an der
    Erhöhung der Herzfrequenz und von Patricia Kuhl
    (1983) durch die Kopfbewegung des Säuglings hin
    zum Stimulus

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Unterscheidung zwischen stimmhaft (BAH) und
stimmlos (PAH) Die Stimmansatzzeit ist der
mess-Parameter der Stimmhaftigkeit.
Nichtlineare kategoriale Schwelle der
Lautwahrnehmung (vgl. Bild 3 in Eimas u.a.,
198579).
27
Die Phase der Ein-Wort-Sätze
  • Die einzelnen Phasen folgen nicht strikt
    aufeinander, und es gibt keine festen
    Altersstufen, die zwingend zu einer bestimmten
    Entwicklungsstufe gehören. Die Untersuchungen von
    Stern und Stern (1928) und Miller (1976) legen
    einen durchschnittlichen Zeitraum zwischen 10
    und 18 Jahren nahe. Miller (1976 132)
    unterscheidet mit Bloom (1973) noch zwei
    Subphasen in der ersten bildet das Kind im
    Zusammenhang des Erwerbs senso-motorischer
    Schemata einzelne Äußerungen, die quasi das
    benützte Handlungsschema nur übersetzen oder
    begleiten, in der zweiten fügt es eine Folge
    mehrere Ein-Wort-Sätze zu einer zielgerichteten
    Sequenz zusammen.

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  • Die Tochter von Miller, Meike, sagt z.B. im Alter
    von 17 zu ihrer Mutter
  • Mama (weint) M. Was denn?
  • Mehr (quengelnd) M. Mehr?
  • Auto (hält ein Spielzeugauto in der
    Hand) M. Auto?
  • Auto (quengelnd, schaut zum Kühlschrank) M.
    Ja, wir haben keine SchokoAutos mehr.

29
Die Phase der Zwei-Wort-Sätze
  • Der Übergang zwischen den beiden Phasen ist
    natürlich fließend dabei spielen die
    relationalen Wörter eine wichtige Rolle. Sie
    erlauben die Realisierung grundlegender
    semantischer Funktionen, die dann in der
    Zwei-Wort-Äußerung als Pivot (Stamm), der durch
    das relationale Wort besetzt ist, und Ergänzung
    (z.B. ein Nomen) realisiert werden.

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Typische semantische Funktionen, die in dieser
Phase vorkommen
Vorhandensein / Nicht-Vorhandensein / Wieder-Vorhandensein
Handlungsträger und Handlung Objekt und Handlung
Besitzer und Besitz
Lokalisierung
Attribution
Grundlegende semantische Funktionen (vgl. Szagun,
1996 32).
31
Die Phase der Mehrwortsätze und die frühe
Grammatikentwicklung
  • Die Entwicklungen im Lexikon, in der Satzsemantik
    und in der Syntax sind ab der Zwei-Wort-Phase eng
    verbunden, so dass man den Spracherwerb
    eigentlich nicht mehr nach der mittleren Länge
    der Äußerungen in Wörtern bestimmen kann, sondern
    von Grammatikentwicklung sprechen muss.
  • Clahsen (1988) schlägt in Anlehnung an Brown
    (1983) fünf Phasen der Grammatikentwicklung (bis
    ca. 35 Jahre) vor. In der Phase II der frühen
    Zwei- und Mehrwort-Äußerungen verfügen die Kinder
    bereits über die wichtigsten Wortarten. Als
    nominale Elemente kommen Pronomen oder Nomen vor.
    Nominalphrasen (NPn) können auch
    Determinationselemente (Det) oder attributive
    Adjektive enthalten. (ibidem 42)

32
  • Beispiele
  • diese tuhl (Dieser Stuhl.)
  • meine auto hoch (Mein Auto fährt hoch.)
  • Es dominieren Inhaltswörter, während
    Funktionswörter und Flexionselemente weitgehend
    fehlen.
  • Beispiele (ibidem 43 f.)
  • hase lieb (Der Hase ist lieb.)
  • schinken aufgessen (Der Purzel hat den Schinken
    aufgegessen.)
  • boden mitter (Auf dem Boden sind die Schnipsel.)
  • Für das Verb wird die Endstellung bevorzugt.

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  • Stufe I sie entsprecht der der Einwortsätze
    (siehe oben)
  • Stufe II Sie entspricht derjenigen der Zwei- und
    Mehrwortsätze. Es werden Inhaltswörter bevorzugt,
    Funktionswörter fehlen weitgehend, nominale,
    adverbiale und verschiedene verbale Elemente
    treten auf.
  • Stufe III Es treten grammatische Funktionswörter
    auf, zusammengesetzte Verben, eine weitgehend
    korrekte Verb-Stellung und mit Adverbien
    erweitere Satzstrukturen.
  • Stufe IV Die Verb-Zweit-Stellung im Hauptsatz
    wird beherrscht, Personen- und Numerusformative
    treten auf und die Kongruenz von Subjekt und Verb
    wird gelernt. Relativ spät tritt die Endung -st
    beim Vern (Kongruenz mit der zweiten Person
    Singular auf (Beispiel du tust, du kommst usw).
  • Stufe V Mit 3 5 Jahren

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Fragen zum Spracherwerb
  1. Nennen Sie zwei Typen der Erklärung des
    Spracherwerbs (-ismen).
  2. Welche (zwei) Autoren verbinden Sie mit
    Egozentrismus bzw. Interaktion?
  3. Nennen Sie drei wichtige Phasen bei der
    Entwicklung des Sprechens.
  4. Geben Sie Beispiel für die Grammatik-entwicklung.

35
Brown, R., 1973. A first language. The early stages, London.
Bruner, Jerome, 1971. Über kognitive Entwicklung, in Bruner J., R. Olver und P. Greenfield (Hg.), Studien zu kognitiven Entwicklung, Klett, Stuttgart. Bruner, Jerome , 1983. Child's Talk. Learning to Use Language, Oxford U.P., Oxford.
Bruner, Jerome, 1986. Actual Minds, Possible Worlds, Harvard U.P., Cambridge, Mass. Clahsen, Harald, 1988. Normale und gestörte Kindersprache. Linguistische Untersuchungen zum Erwerb von Syntax und Morphologie, Benjamins, Amsterdam
Eimas, P. D., 1985. The Equivalence of Cues in the Perception of Speech by Infants, in Infant Behavior and Development, 8 125-138.Hellbrügge
Klauser, Günter, 1975. Die vorgeburtliche Entwicklung der Sprache als anthropologisches Problem, Enke Verlag, Stuttgart.
Lenneberg, Eric H., 1972. Biologische Grundlagen der Sprache, Suhrkamp, Frankfurt/Main.
36
Miller, George A., 1996. Wörter. Streifzüge durch die Psycholinguistik, Zweitausendeins, Frankfurt/Main.
Miller, Max, 1976. Zur Logik der frühkindlichen Sprachentwicklung. Empirische Untersuchungen und Theoriediskussion, Klett, Stuttgart.
Piaget, Jean, 1923/1972. Sprechen und Denken des Kindes, Schwann, Düsseldorf (frz. Original 1923).
Ramge, Hans, 1976. Spracherwerb und sprachliches Handeln, Schwann, Düsseldorf.
Slobin, Dan I., 1971. Crosslinguistic Evidence for the Language-Making Capacity, chapter 15, in Ders. (Hrsg.) The Ontogenesis of Language. A Theoreticak Symposium, Academic Press, New York.
Stern, Clara und William Stern, 1928. Die Kindersprache Eine psychologische und sprachtheoretische Untersuchung, 4. Auflage, Barth, Leipzig (reprint Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt, 1981).
Stern, William, 1930. Die Psychologie der frühen Kindheit (bes. Dritter Abschnitt Die Sprachentwicklung), 6. Auflage, Quelle und Meyer, Leipzig.
Szagun, Gisela, 1996. Sprachentwicklung beim Kind, Beltz, Psychologie Verlags Union, Weinheim.
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