Title: Illegale Drogen in der Arbeitswelt Tagung der Bundesarbeitsgemeinschaft
1Illegale Drogen in der ArbeitsweltTagung der
BundesarbeitsgemeinschaftSuchtprobleme in der
Polizei
- Epidemiologie
- Drogenscreening
- rechtliche Aspekte
- betriebliche Praxis
- Katamnesen drogenauffälliger Mitarbeiter
2Fragestellungen zur Epidemiologie
- Wie hoch ist die Anzahl von Drogenkonsumenten?
- Gibt es einen Zusammenhang zwischen legalen und
illegalen Drogen? - Was ist das typische Drogeneinstiegsalter?
- Gibt es ein Drogenausstiegsalter?
- Typische Konsummuster
- Steigt die Anzahl der Drogenkonsumenten?
- Deutschland im internationalen Vergleich
3Häufigkeit von Suchterkrankungen
- Nikotin - 10 Millionen
Nikotinabhängige (13 der
Gesamtbevölkerung) - - ca. 30 der Erwachsenen rauchen
- - 100.000 Todesfälle durch Nikotin
pro Jahr - Alkohol - 2,5 Millionen Abhängige (3
der Gesamtbevölkerung) - - 40.000 Todesfälle durch Alkohol
pro Jahr - Medikamente - 1,5 Millionen Abhängige
- Illegale Drogen - 150.000 Abhängige (harte
Drogen) ? 0,2 der
Gesamtbevölkerung - - ca. 2000 Todesfälle durch illegale
Drogen pro Jahr -
4Definitionen
- Riskanter Konsum (nach WHO)
- Männer gt 40 g Alkohol/Tag
- Frauen gt 20 g Alkohol/Tag
- Schädlicher Gebrauch/Missbrauch
- Unangepasstes Konsummuster mit fortgesetztem
Gebrauch, trotz Problembewusstsein und/oder
wiederholtem Gebrauch in gefährdeten Situationen.
Dauer gt 1 Monat - Abhängigkeit (beim Vorliegen von mindestens 3
Symptomen) - körperliche Abhängigkeit mit ? Toleranzentwicklung
- ? körperlichem Entzugssyndrom
- ? Substanzgebrauch zur Milderung von
Entzugssymptomatik - psychische Abhängigkeit ? unbezwingbares
Verlangen - ? Kontrollverlust
- ? Überschreiten gesellschaftlich üblichen
Trinkverhaltens - ? Vernachlässigung anderer Interessen und
Verpflichtungen - ? Fortgesetzter Konsum trotz ersichtlicher
schädlicher Folgen
5Rauchen, Alkohol, illegale Drogen12- bis
25-jährige Jugendliche
Es hatten bereits einen Alkoholrausch
Es haben Haschisch probiert
Es haben andere illegale Drogen genommen
Rauchen
Rauchen
Rauchen
Haschisch- gebrauch
Quelle Drogenaffinitätsstudie 1997 der BZgA
Alkohol- rausch
Alkohol- rausch
6Drogenprävalenzen 18 bis 59-jährige
Quelle Bundesdrogenxstudie 2000
7Drogenprävalenzen 18 bis 59-jährige
Quelle Bundesdrogenxstudie 2000
8Erfahrungen mit illegalen Drogen12- bis
25-Jährige in der Bundesrepublik Deutschland
Quelle Repräsentativerhebung der Bundeszentrale
für gesundheitliche Aufklärung durch forsa,
Berlin, Januar 2001
9Indikatoren des Drogengebrauchs12- bis
25-Jährige in der Bundesrepublik Deutschland
Quelle Repräsentativerhebung der Bundeszentrale
für gesundheitliche Aufklärung durch
forsa, Berlin, Januar 2001
10Alter beim ersten Drogenkonsum12- bis 25-jährige
Jugendliche mit DrogenerfahrungBundesrepublik
Deutschland
Quelle Repräsentativerhebung der BzgA durch
Forsa, Berlin, Januar 2001
Quelle Drogenaffinitätsstudie 1997 der BZgA
11Illegale Drogen Lebenszeit-Prävalenz12- bis
25-Jährige in der Bundesrepublik Deutschland
1
1
Quelle Repräsentativerhebung der Bundeszentrale
für gesundheitliche Aufklärung durch
forsa, Berlin, Januar 2001
12Prävalenzen des Konsums illegaler
DrogenWestdeutschland
Quelle Bundesstudie zum Gebrauch und Missbrauch
psychotropher Substanzen 2000
1312-Monats-Frequenz für Cannabiskonsum18- bis
59-Jährige in Westdeutschland
Quelle Bundesstudie zum Gebrauch und Missbrauch
psychotropher Substanzen 2000
14Häufigkeit des Ecstasy-Konsums12- bis 25-jährige
mit Ecstasy-ErfahrungWestdeutschland
Quelle Drogenaffinitätsstudie 1997 der BZgA
15Lebenszeitprävalenz18- bis 24-jähriger für
Ecstasy, Amphetamine, Opiate,Kokain und
CannabisWestdeutschland 1980 - 2000
Quelle Bundesstudie 1997
1612-Monatsprävalenz18- bis 39-jähriger für
Ecstasy, Amphetamine, Opiate,Kokain und
CannabisWestdeutschland 1990 - 2000
Quelle Bundesstudie 1997
17aus Europäische Beobachtungsstelle für Drogen
und DrogensuchtJahresbericht 2001
18aus Europäische Beobachtungs-stelle für Drogen
und DrogensuchtJahresbericht 2001
19aus Europäische Beobachtungsstelle für Drogen
und DrogensuchtJahresbericht 2001
20Drogentote in Frankfurt
21Lebenszeitprävalenz des Konsums illegaler
Substanzen in den Metropolen
22Konsumfrequenz illegaler Drogen im letzten Monat
(n 3503)
23Drogen im Straßenverkehr
Befragung von 2.555 Discobesuchern (90
Ausschöpfungsquote), davon 503 genauere
Untersuchungen (60 Ausschöpfungsquote) zu
- Befragung zu Konsumgewohnheiten von Drogen
- Fahrsimulatortests
- Drogentestung aus Speichel, Urin und Blut
- Befragung zur eigenen Einstellung
Ergebnisse
- Über die Hälfte der Fahrer standen unter dem
Einfluss von Drogen (incl. Alkohol) - Fahrsimulatortests
- Keine deutliche Fahrleistungsverschlechterung
nach geringen Mengen von Cannabis oder
Amphetamin / Ecstasy - Deutliche Beeinträchtigung nach dem Konsum
größerer Ecstasy-/ Amphetamin-Mengen - Gravierende Beeinträchtigung bei Mischkonsum
24Welche Informationen liefert das Drogenscreening?
- Immunochemische Methode
- rasche und kostengünstige Hinweise auf Drogen
- Nachweis von Substanzgruppen
- unerwünschte Kreuzreaktivitäten und Störeinflüsse
- nicht zu erkennen, ob aktuelle Beeinträchtigung
durch Drogen vorliegt - Gaschromatographie / Massenspektrometrie
- zeit- und kostenintensiv
- spezifischer Einzelsubstanz-Nachweis ( 24a)
- bei Blutuntersuchung Nachweis der aktuellen
Drogeneinwirkung auf den Organismus möglich
25(No Transcript)
26THC-Konzentration und Wirkungsverlauf nach
BERGHAUS
- Konzentration im Blut,
- erlebte Wirkung
- und Leistungseinbußen
- verlaufen nicht synchron
27Immuntest "falsch-positiv
- Beispiele
- Opiate im Urin Verzehr von
Mohnsamen-Gebäck Codeinhaltige
Schmerztabletten bzw. Hustenblocker - Cannabinoide im Urin
- Passiv-Rauchen von Cannabis Konsum vom
THC-haltigem Hanföl - Amphetamine im Urin
- Verzehr von Blauschimmelkäse
- verschiedene Medikamente
28Drogenscreenings in der BASFMai 2001 bis Februar
2002
- Untersuchungsmethode
- 34 Schnelltests (parallel jeweils Triage,
Mahsan/Syva, Tox-See) bei 16 Mitarbeitern - 18 Bestätigungstests
- Ergebnisse
- bei 9 Mitarbeitern bestätigte positive Befunde
- falsch positive Befunde im Schnelltest
- 1 mal Benzos (alle 3 Tests)
- 1 mal Amphetamin (alle 3 Tests)
- 1 mal Opiate (alle 3 Tests)
- Ergebnisabweichungen zwischen den verschiedenen
Schnelltests in 5 Fällen
29Rechtliche Grundlagen
- Grundgesetz
- Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung der
Persönlichkeit, soweit nicht die Rechte anderer
verletzt werden. - (GG Art. 2 Abs. 1)
- Betriebsverfassungsgesetz
- Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie
Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb
beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu
fördern. - (BVG 75, Abs. 2)
30Rechtliche GrundlagenArbeitsschutzgesetz
- Der Arbeitgeber hat für das Leben und die
Gesundheit aller im Betrieb tätigen Arbeitnehmer
Sorge zu tragen - Die Beschäftigten sind verpflichtet,
- für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit
Sorge zu tragen - auch für Sicherheit und Gesundheit der Personen
zu sorgen, die von ihren Handlungen oder
Unterlassungen bei der Arbeit betroffen sind - jede festgestellte Gefahr unverzüglich zu melden
31Rechtliche Grundlagen 38 BGV A 1
- Versicherte dürfen sich nicht durch Alkoholgenuss
in einen Zustand versetzen, durch den sie sich
oder andere gefährden können - Versicherte, die infolge Alkoholgenusses oder
anderer berauschender Mittel nicht mehr in der
Lage sind, ihre Arbeit ohne Gefahr für sich oder
andere auszuführen, dürfen mit Arbeiten nicht
beschäftigt werden
32BAG-Urteil vom 12.08.1999
- Routineuntersuchungen im laufenden
Arbeitsverhältnis, die Alkohol- oder
Drogenabhängigkeit überprüfen sollen, sind
unzulässig. - Die Entscheidung des Arbeitgebers, die
Begutachtung durch den Arzt auf eine mögliche
Alkohol- bzw. Drogenabhängigkeit zu erstrecken,
muss deshalb auf hinreichend sicheren
tatsächlichen Feststellungen beruhen, die einen
derartigen Eignungsmangel des Arbeitnehmers
naheliegend erscheinen lassen. - (BAG-Urteil, AZ 2 AZR 55/99)
33Urteil des Oberverwaltungsgerichts des
Saarlandes4. Senat, vom 11.12.1998
- Haschischkonsum rechtfertigt auch in einem
besondere Arbeitssicherheit erfordernden
Arbeitsbereich (BW-Systeminstandsetzungszentrum)
die Auflösung eines ... Arbeitsverhältnisses
nicht, wenn keine Auswirkungen auf die
Arbeitsleistung festgestellt wurden, eine
Drogenabhängigkeit nicht erhärtet ist, keine
Abmahnungen erfolgt sind und an der Arbeitsstelle
keine Drogenaufklärung mit Sanktionsandrohung
stattfindet.
34Rechtliche GrundlagenÄrztliche Schweigepflicht
- Durchbrechung der Schweigepflicht bei
- Einwilligung
- gesetzlicher Anzeigepflicht
- rechtfertigendem Notstand
- 203 StGB, 8 ASiG
35Ergebnisse Drogenscreenings bei Chemieunternehmen
A (1999)
- Drogenscreenings bei Einstellungsuntersuchungen
(n2091) - insgesamt 47 richtig positiv (2,3)
- davon Cannabis n43
- Amphetamin n 1
- Kokain n 3
- (Opiate n11 Ú alle falsch positiv!)
- Drogenscreenings anlässlich arbeitsmedizinischer
Vorsorgeuntersuchungen (n304) - insgesamt 18 richtig positiv (5,9)
- davon Cannabis n15
- Opiate n 1
- Amphetamin Opiate n 1
- Kokain n 1
36Ergebnisse Drogenscreenings bei Chemieunternehmen
B
- Seit 1996 Schnelltests bei Einstellungs-untersuchu
ngen - bis 1999 insg. 2303 Screenings, davon 23 positiv
(1) - Cannabis n15
- Opiate n 9, davon mind. 3 falsch positiv
- Amphetamine n 1
- Benzodiazepine n 1
37Standardisiertes Interview bei Konsumenten
illegaler Drogen (BASF)
- Von 60 drogenkonsumierenden Mitarbeitern sind 38
am Arbeitsplatz aufgefallen wegen - Plötzlicher Verwirrtheit 7
- Einschlafen während der Tätigkeit 4
- Verhaltensänderungen einschl. Fehlzeiten 27
38Standardisiertes Interview bei Drogenproblemen
(BASF)
- Welche Drogen wurden eingenommen? (n59)
- Cannabis n58
- Amphetamine (incl. Ecstasy) n35
- Heroin n28
- Kokain n24
- LSD n18
- Benzodiazepine n 9
- Ausschließlich Cannabis n 2
39Standardisiertes Interview bei DrogenproblemenFre
quenz des Drogenkonsums (BASF)Mehrfachnennungen
möglich (n60)
40Nachuntersuchung Drogen BASF
Selbsteinschätzung im Verhältnis zur
Erstauffälligkeit
Glauben Sie, dass Sie sich verändert haben?
41Nachuntersuchung Drogen BASF
Was oder welche Maßnahmen haben Ihr Leben
verändert?
42Resumee
- Etwa 1/3 der jüngeren Bevölkerung in Deutschland
hat Erfahrungen mit Cannabis, ca. 6 auch mit
anderen illegale Drogen. - Die meisten User sind gelegentliche
Freizeitkonsumenten, sie fallen betrieblich nicht
auf und stellen ihren Konsum nach geraumer Zeit
spontan wieder ein. - Bei Drogenabhängigen zeigen sich eher
unspezifische Auffälligkeiten wie
Leistungsabfall, Fehlzeiten, Persönlichkeitsveränd
erungen. - Wichtig sind Drogenaufklärung und konsequentes
Handeln nach einem Stufenplan, um Drogenprobleme
konstruktiv zu lösen.
43Cannabinoide
- Marihuana Getrocknete Pflanzenteile,
THC-Gehalt ca. 3 - Haschisch Harz der Hanfpflanze, THC-Gehalt
ca. 10 - Wirkung
- beruhigend, stimmungsaufhellend, Intensivierung
von Sinneseindrücken, subjektiv phantasievolles
Denken - Veränderung des Raum- und Zeitgefühls
- Appetitsteigerung, schmerzlindernd, entkrampfend
- Wirkdauer ca. 3 Stunden
- Risiken
- reversible Gedächtnisstörungen (bis zu 4 Wochen)
- psychoseähnliches Erleben
- Aktivierung latenter Psychosen (?)
- karzinogen, teratogen
44Amphetamine, Designerdrogen
- Wirkung
- Strukturähnlichkeit mit Katecholaminen ?
sympathomimetisch (aufputschend,
leistungssteigernd, euphorisierend) - durch Methoxylierungen (Ecstasy) zusätzlich
serotonerg, z. T. LSD-artig - Wirkungsdauer 4-8 Std.
- Risiken
- Tachykardie, Hypertonie, Myocardinfarkt,
Schlaganfall - Gefahr der Überhitzung und Austrocknung
- neurotoxisch (serotonerge u. dopaminerge
Neuronen) - langanhaltende depressive Nachschwankungen
- anhaltende Schlafstörungen
- dauerhafte (?) Gedächtnisstörung
45Kokain
- Extrakt aus Blättern des südamerikanischen
Cocastrauchs - Wirkung
- Noradrenalin u. Dopamin reuptake-Hemmung
- Wirkungsdauer ca. 1 Std.
- Aufputschmittel, Steigerung der
Leistungsfähigkeit - Unterdrückung von Hunger, Durst, Müdigkeit
- Intensivierung der Gefühle
- Euphorie, Selbstüberschätzung
- 3-Phasen-Wirkung Euphorie ? Halluzination,
Illusion ? Depression - Crack (Kokain-Base) Ultimatives Glücksgefühl
über 1-10 Min. - Risiken
- hohes Abhängigkeitspotenzial
- evtl. Auslösung intensiver Angst und paranoider
Wahnvorstellungen - starke Tendenz zur Dosissteigerung
- direkte Neurotoxizität (?)
- Herzinfarkt, Hirnblutungen
- Neigung zu erhöhter Aggressivität
- im Entzug Suizidgefahr
46Halluzinogene
- In Europa am weitesten verbreitet LSD
- Andere Substanzen Inhaltsstoffe aus Kakteen u.
Pilzen (Meskalin, Psilocybin) - Wirkung
- Interaktion mit Serotonin-Rezeptoren
- W-eintritt nach 30 Min, W-dauer ca. 8 Std
- übliche Konsummenge 50-300 µg
- Gefühlsintensivierung, Sinnestäuschungen,
Wahrnehmungsverschiebungen, Selbstüberschätzung - Risiken
- häufig horror trips, flash backs
- Auslösung von Psychosen
47Opiate
- ...bei über 95 der Drogentoten nachweisbar
- Wirkung
- Dämpfung von Sympathikusaktivität,
Schmerzempfindung, Husten - Wirkungseintritt nach 10 Min., W-dauer ca. 4 Std.
- euphorisierend
- beruhigend, angstlösend
- Risiken
- Atemdepression
- hohes physisches und psychisches
Abhängigkeitspotenzial - Folgen des i.v.-Konsums in der Illegalität
- langfristig erhebliche Persönlichkeitsveränderunge
n