Title: Banken an der Bahnhofstrasse, Autoh
1Banken an der Bahnhofstrasse, Autohändler in
Schlieren --Die Stadt als Produktionsstandort
- Marco Salvi
- 23/05/2005
- (für Fragen und Feedback marco.salvi_at_zkb.ch)
2Überblick
- Review Das neoklassische Modell der Stadt wer
wird sich wo niederlassen? - Externalitäten und Agglomerationserträge
- Die Stadt als Produktionsstandort
- Fallstudie Zürich "Consumer City" contra A-Stadt
- wer gewinnt? - Der Markt für Immobilien mit kommerzieller
Nutzung. - Die Ökonomie der Einkaufszentren
3Review Das neoklassiche Modell der Stadt
- Transport- und Transaktionskosten wurden als
zentraler Treiber in der Gestaltung des urbanen
Raumes identifiziert. - Stadt als Mechanismus für die Senkung der
Transportkosten von Gütern, Personen und Ideen. - Konzept des (räumlichen) Gleichgewichts Die
Boden- und Immobilienpreise gleichen die
"natürlichen" Vor- und Nachteile der
unterschiedlichen Lagen aus. - Wichtigste Annahme blieb bisher unerklärt Warum
konzentriert sich die Produktion im CBD?
4Die Konzentration der Beschäftigung
- Innerhalb der Stadt Zürich ist die Aktivität an
bestimmten Standorten konzentriertBanken um den
Paradeplatz, Versicherungen am Mythenquai, Medien
im Seefeld und im Zürich-West usw. - Diese Muster finden wir auch landesweit Finanz
in Zürich und Genf, Uhren im Jura, Chemie in
Basel. - Welche öknomischen Kräfte führen zur
Konzentration?
Quelle BFS (BZ95)
5Definition 1 Externalitäten
- Externalität Die unkompensierten Auswirkungen
ökonomischen Handelns, welche auf die Wohlfahrt
Dritter einwirken. - Die privaten, individuell wahrgenommenen Kosten
stimmen mit den insgesamt anfallenden Kosten
(sozialen Kosten) nicht überein. - Positive und negative Externalitäten -
Umweltverschmutzung, Stau, Lärm Forschung,
schöne Architektur
CHF
soziale Grenzkosten
private Grenzkosten
Menge
6Definition 2 Agglomerationserträge
- Man spricht von Agglomerations-erträge (externe
Skalenerträge), wenn die durchschnittlichen
Produktionskosten mit der Grösse der
Agglomeration bzw. mit der Grösse der Branche
innerhalb einer Agglomeration abnehmen. - Alternativ heisst dies, dass die Produktivität -
insbesondere die Arbeitsproduktivität
(Wertschöpfung/Arbeitsstunde) - mit der
Konzentration zunimmt.
Durchschnittskosten
Agglomerationsgrösse bzw. Grösse der Branche
inner- halb der Agglomeration
7Wie relevant sind Agglomerationserträge?
- Empirische Evidenz für USA, EU, Japan Mit der
Verdoppelung der Stadtbevölkerung steigt die
Produktivität von Arbeit, Boden und Kapital um
5-10. - Frage der Kausalität Produktivere Arbeitsnehmer
sind tendenziell besser gebildet. Städte bieten
mehr kulturelle Güter als die Peripherie an
(Bars, Kino usw.) und ziehen deshalb auch die
besser gebildeten Arbeitskräfte an. - Trotzdem besteht in der Ökonomie ein Konsensus,
dass die Stärkung der Agglomerationsvorteile eine
wichtige Rolle für die Erhöhung der Produktivität
spielt.
8Wie entstehen Agglomerationsvorteile?
- Warum genau profitieren gewisse Unternehmen von
der Nähe zu weiteren Unternehmen in der gleichen
Branche? - Marshall (1920) schlug drei Gründe vor
- Vorteile durch Wissensaustausch (knowledge
externalities) - Vorteile durch die Nutzung gemeinsamer Zulieferer
(input sharing) - Arbeitsmarktvorteile (labor pooling)
9Vorteile durch Wissensaustausch
- Wissensaustausch als positive Externalität.
- Typisches Beispiel Silicon Valley (und
Technopärke?). - Empirische Evidenz (US)
- Innovative Branchen sind öfters stark
geographisch konzentriert. - Innovatoren haben eine 5 bis 10 mal höhere
Wahrscheinlichkeit, Patente von Unternehmen,
welche in der gleichen Agglomeration ansässig
sind, zu zitieren.
10Arbeitsmarktvorteile
- Agglomeration als eine Art Versicherung für
Unternehmen und Arbeitskräfte - Vorteil für Unternehmen Arbeitskräfte mit
erforderlichen Spezifikationen vor Ort vorhanden. - Vorteile für Arbeitskräfte Jobwechsel bedingt
keinen Wohnortwechsel. Grössere vertikale
Mobilität möglich. - Huhn oder Ei? Grosse Städte ziehen die
produktiveren Arbeitskräfte gerade deshalb an,
weil sie grosse Märkte anbieten können.
11Consumer City
- Evidenz für USA (Glaeser et al., 2000) Schönere
Städte wachsen schneller, die grössten Städte
wachsen schneller und die Immobilienpreise
steigen dort am schnellsten. - Auch in der Schweiz sind in den letzten Jarhen
die Preise der zentralen Lagen überproportional
stark gestiegen. Hinweis nach einer stärkeren
Nachfrage nach Urbanität? - Eine von vielen möglichen Erklärungen Die
Wichtigkeit der Stadt als Heiratsmarkt hat
zugenommen. Gautier et al (2005) zeigen, dass - Singles haben eine viel höhere Wahrscheinlichkeit
in die Stadt zu ziehen als Paare (ceteris
paribus). - Attraktive Singles (insbesondere gebildete
weiblichen Singles) haben eine viel höhere
Wahrsch. als unattraktive Singles in die Stadt
zu ziehen.
12Fallstudie Stadt Zürich
- Der Finanzsektor (FIRE Finance, Insurance, Real
Estate) ist stark in der Stadt Zürich und in den
umliegenden Gemeinden konzentriert. - Für viele Unternehmen rechnet sich offenbar die
Nähe zu Kunden und Konkurrenten.
Quelle BFS (BZ01)
13Verliert der Produktionsstandort Zürich an
Attraktivität ?
Anzahl Beschäftigte
- Kt. ZH Klare Tendenz zugunsten des
Dienst-leistungssektors (84'000 seit 1985) und
zuungunsten des 2. Sektors (-56'000). - 45 der Beschäftigten im Kanton Zürich arbeiteten
2001 in der Stadt Zürich. - Aber Stagnation seit der Mitte der 80er Jahren.
Quelle BFS
14Stadt Zürich Eher ab als auf
- Deutliche Verluste der Stadt zwischen 1985 und
1998. - Stadtbeschäftigung ist seit 1985 nie schneller
gewachsen als die Agglomeration. - Die letzte Rezession war in der Agglo-meration
und in der Stadt Zürich aus-geprägter als im Rest
der Schweiz.
Quelle Stat. Amt Kt. ZH
15Die Suburbanisierung der Beschäftigung
- Obwohl der Dienstleistungs-sektor insgesamt
expandierte, ging der Anteil der Stadt Zürich
(und der Stadt Winterthur) an der
Gesamtbeschäftigung deutlich zurück. - Stadt Zürich -5, Winterthur -1,2 seit 1985.
- Starker Zuwachs der suburbanen Zentren,
insbesondere des Glattals. Der Suburbanisierungspr
ozess fand also auch bei den Arbeitsplätzen statt.
Kanton ZH 1985 arbeiteten ca. 50 der
Beschäftigten in der Stadt Zürich, 2001 waren es
nur noch 45. (Quelle BFS)
16"Jobs follow people"
- Durch die Standortverlagerung kann das
Unternehmen die Pendelkosten der Mitarbeiter
senken. - Die Mitarbeiter der verlegten Firma erzielen
höhere Nettolöhne als im CBD (warum?) - Ist das ein Gleichgewicht?
- Die Bruttolöhne (Geldlöhne) sinken solange die
Nettolöhne (Geldlöhne minus Pendelkosten)
ausgeglichen werden.
neuer Standort
CBD
b
17Zürich als 'Consumer City'?
- Trotz Suburbanisierung ist die Bevölkerung der
Stadt Zürich seit 20 Jahren stabil. Leichter
Anstieg in den letzten 5 Jahren (jedoch relativer
Verlust im Vergleich zur CH). - Starke Zunahme des 'reverse commuting'.
- Wachsender relativer Anteil von Gastgewerbe und
Unterhaltung an der städtischen Beschäftigung. - Starke Zunahme der hochqualifizierten
Single-Haushalte. - Stärkere Zunahme der Immobilienpreise in der
Stadt. - Wie sieht die Zukunft aus?
(Quelle Stat. Amt Kt. ZH)
18Wie weiter? Suburbanisierung oder Verdichtung?
- "The outcome of the city will depend on the race
between the automobile and the elevator, and
anyone who bets on the elevator is crazy."
Frank Lloyd Wright
19Zwischenfragen
- "Die Löhne sind in Zürich hoch, weil die
Lebenskosten in der Stadt so hoch sind." - In der Stadt Zürich sind die Lebenskosten hoch,
weil man hier viel verdient und somit höhere
Preise durchgesetzt werden können." - Was stimmt zu?
20Der Markt für kommerzielle Nutzungen
21Der Büromarkt
- Auch bei den Büros scheint die Grösse der
Agglomeration eine entscheidende Rolle auf das
Mietniveau zu spielen. - Doch ein genauer Blick zeigt, dass die Variation
innerhalb einer bestimmten Agglomeration (z.B.
Zürich) kleiner ist als bei Wohnungen.
22Büromieten und Leerstände
- In der Agglomeration Zürich beträgt die gesamte
Bürofläche ca. 8 Mio. m2. - Trotz einer sehr hohen Leerstandsquote fallen die
Mieten zur Zeit relativ wenig. - Das ist für Büromärkte typisch. Der Grund liegt
in der Gestaltung der Mietverträge, welche i.d.R.
für 5 bis 10 Jahren abgeschlossen werden und nur
an der Inflation angekoppelt werden dürfen.
Stadt Zürich
Quelle Colliers
23Verkaufsflächen
- Der typische Schweizer Haushalt wendet ca. 1/3
des Einkommens für Güter auf, die im Detailhandel
angeboten werden (inkl. Gastronomie). - Es gibt eine Tendenz zur Konzentration des
Detailhandels auf einige wenige suburbane
Standorte entlang der Autobahnen - Welcher Agglomerationsvorteil treibt die
Konzentration voran?
24Wieviele Autohändler verträgt der Kanton Zürich?
- Wie bestimmt man das Einzugsgebiet eines Ladens
bzw. die optimale Anzahl Verkaufsflächen für ein
Produkt, etwa Autos? - M Einzugsgebiet des Autohändlers (ha)A
SiedlungsflächeN Anzahl Autohändler - q Umsatz pro Händler pro Jahr 60 Autosd
Nachfrage pro Person pro Jahr 0,2 Autose
Käuferdichte (Personen/km2) 2300 - Einzugsgebiet pro Händler M q/(de)
60/(0.22300)13 ha - Check Stadt Zürich, 6500 ha Siedlungsfläche und
450 Garagen und Autohändler.
25Die Bestimmung des Einzugsgebietes
- Welche Auswirkung üben steigende Skalenerträgen
auf die Ausdehnung des Marktgebiets (z.B. wegen
der Senkung der Durchschnittskosten dank
steigendem Umsatz pro Laden) - q ??? M ? und N ? (Was passiert mit d?)
- Die Senkung der Durchschnittskosten lässt
tendenziell die Preise fallen, was sich positiv
auf die Nachfrage auswirkt (d ?) - Die Senkung der TK durch die immer grössere
Durchdringung des Autos hat somit zu einer
Senkung der Anzahl der Verkaufsflächen geführt,
insbesondere bei den Gütern, deren Nachfrage
relativ preisunelastisch ist (Verbrauchsgüter,
Do-it-yourself usw.) -gt Einkaufszentren
26Einkaufsexternalitäten
- Die Grafik bildet die Situation von zwei
Autohändlern an zwei separaten Standorten ab. Ein
Händler zieht in unmittelbarer Nähe des anderen
um. - Weiteres Beispiel von Agglomerationsvorteilen
die geographische Nähe reduziert die
Vergleichskosten der Kunden. Die Nachfrage dehnt
sich entsprechend aus. - Diese Situation ist für Läden typisch, welche
unvollkommene Substitute mit hohen Suchkosten
anbieten (Autos, Kleider, Elektronik,
Musikinstrumente usw.).
Ursprüngliches Angebot pro Händler
Gesamtangebot im Cluster
Preis pro Auto
Gesamtnachfrage mitExternalität
50
100
verkaufte Autos pro Jahr
27Einkaufsexternalitäten und Mietermix
- Einkaufexternalitäten sind bei one-stop shopping
besonders wichtig. Sie prägen die Bestimmung des
optimalen Ladenmix eines Einkaufszentrums. - Komplementäre Anbieter Kleider- und Schuhladen
- "Konkurrenzanbieter" Coop und Migros
- Ladennachfrage Wahrsch. des Besuchs des
Einkaufszentrum x Einkaufswahrscheinlichkeit
im Laden - Konkurrenzanbieter im gleichen Einkaufzentrum
erhöhen die erste Wahrscheinlichkeit kaum. Der
Betreiber des Einkaufszentrums und die anderen
Läden haben keinen Anreiz, mehrere
Konkurrenzanbieter als Mieter zu gewinnen.
28Interessenkonflikte zwischen Mietern und Vermieter
- Die Nachfrage eines einzelnen Ladens im
Einkaufszentrum hängt stark von der
Gesamtnachfrage des Zentrums ab. - Die Entscheidungen der Betreiber des
Einkaufszentrums beeinflussen die Gewinne
sämtlicher Läden. - Langfristige Verträge und ladenspezifische
Investitionen bieten einen Anreiz zu
opportunistischem Verhalten seitens des
Managements. - Beispiel von opportunistischem Verhalten Nachdem
einige Läden sich niedergelassen haben, wird
zusätzliche Fläche an die Konkurrenten der
bestehenden Läden vermietet. - Wie lässt sich das vermeiden?
- Lösung Umsatzmieten mit fixem Anteil
garantieren, dass das Management im Interesse der
Mieter handelt. - Die optimale Vertragsgestaltung sichert die
Kompatibilität der Anreize von Management und
Ladeninhaber.
29Anchor Tenants und Trittbrettfahrer
- Läden ohne starke Marke möchten von den bereits
bestehenden Kaufexternalitäten profitieren. Sie
werden für die Ladenfläche am meisten bieten. - Wenn nur Fixmieten möglich wären, würde das
Management des Einkaufszentrums die Ladenfläche
einem "Trittbrettfahrer" vermieten. Mit der
Umsatzmiete fällt dieser Anreiz weg. - Anchor Tenants (Läden mit starker Marke, die viel
Verkehr generieren) erhalten zudem massive
Rabatte auf die Grundmiete.