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Traumatisierte Pflegekinder

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Fallvignietten: Trauma oder nicht? Der dreij hrige Felix wird vom Jugendamt in Obhut genommen, nachdem bei mehreren Besuchen des Jugendamtes deutlich wurde, dass er ... – PowerPoint PPT presentation

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Title: Traumatisierte Pflegekinder


1
Traumatisierte Pflegekinder Aufarbeitung und
Probleme im Alltag
Prof. Dr. Ingo Zimmermann
www.katho-nrw.de
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Inhalt
  • Fallvignietten
  • Trauma Entstehung und neurokognitive Grundlagen
  • Filmbeispiel
  • Traumasymptomatik
  • Arbeitsgruppen
  • Pädagogik und Alltag zwei Prinzipien der
    Traumapädagogik
  • Was heißt Professionalität von Pflegeeltern?
  • Auswertung

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Fallvignietten Trauma oder nicht?
  • Der dreijährige Felix wird vom Jugendamt in Obhut
    genommen, nachdem bei mehreren Besuchen des
    Jugendamtes deutlich wurde, dass er auf dem Boden
    essen musste, kein eigenes Bett zur Verfügung hat
    und auf dem elterlichen Sofa im Wohnzimmer
    schlafen muss. Felix trägt meist unzureichende
    und alte Kleidung und wirkt verwahrlost. Er kommt
    oft ungewaschen in den Kindergarten und hat keine
    Freunde. Er wirkt einsam und wird oftmals
    aggressiv gegenüber anderen Kindern.

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Fallvignietten Trauma oder nicht?
  • Die 14jährige Michelle berichtet ihren
    Pflegeeltern, sie sei im Alter von 6 Jahren von
    ihrem alkoholabhängigen leiblichen Vater mehrfach
    im Rausch gezwungen worden, seinen Pipimann zu
    lecken. Sie habe das letztendlich getan, weil sie
    Angst gehabt habe, geschlagen zu werden. Die
    Mutter habe dabei zugeschaut, aber nicht
    eingegriffen. Sie vertraut den Pflegeeltern diese
    Geschichte als Geheimnis an und hat es noch
    niemandem sonst erzählt. Heute hat sie ihren
    ersten Freund, den sie sehr liebt.

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Fallvignietten Trauma oder nicht?
  • Die heute 20jährige Natascha ist das erste Mal
    aufgrund von Schlägen von zuhause weggelaufen als
    sie 10 Jahre war. Sie kam dann in eine
    Wohngruppe. Nach 4 Wochen erfolgte eine
    Rückführung in den häuslichen Kontext. Im Rahmen
    der Pubertät hatte sie etliche wechselnde
    Sexualpartner von denen sie einer, gegen ihren
    Willen, zum Geschlechtsakt nötigte, riss mehrfach
    aus, konsumierte illegale Drogen und kam nach
    einer heftigen körperlichen Auseinandersetzung
    ihrer leiblichen Eltern auf Initiative des
    Jugendamtes in eine Schutzstelle und von dort in
    eine Wohngruppe aus der sie mehrfach entwich.
    Nach einer erneuten Rückkehr in den elterlichen
    Haushalt auf eigenen Wunsch und mehreren
    gewalttätigen Konflikten mit ihrem Adoptivater
    wurde sie mit 16 Jahren schwanger, kontaktierte
    das Jugendamt und zog auf eigene Initiative in
    eine Mutter-Kind-Gruppe. Mehrere Partnerschaften,
    so auch die zum Kindesvater verliefen
    problematisch und waren nicht von Dauer.

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Thesen
  • Ein Trauma hat nichts mit einer oder mehreren
    spezifischen Situationen zu tun, sondern es ist
    eine Frage der kognitiven innerpsychischen
    Verarbeitung von Erlebnissen, die dazu führen
    kann, dass Kinder traumatisiert sind oder nicht
  • Nicht jeder Missbrauch, jedes belastende Erlebnis
    oder jede Misshandlung ist ein Trauma, die
    meisten sind einfach schlechte Erfahrungen und
    sind normal
  • Historisches Beispiel (Antonovsky 1997) nur
    70 der Menschen, die die Konzentrationslager der
    Nazis überlebt haben, waren tatsächlich
    traumatisiert, 30 zeigten keinerlei
    Traumasymptomatik (Resilienzfaktoren beachten!)
  • Fazit Das Ereignis hat mit dem Trauma nichts zu
    tun!
  • Traumatisierungen sind eine Gedächtnisstörung!

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Thesen
  • Beispiel für Trennung zwischen Ereignis und
    Trauma Natascha Kampusch

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  • Trauma Entstehung und neurokognitive Grundlagen

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Gedächtnissysteme
  • Drei Gedächtnisprozesse können unterschieden
    werden
  • 1. Encoding/Enkodieren Einspeicherung
  • 2. Storage/Speicherung Aufbewahren
  • 3. Retrieval/Abruf
  • Wird ein Ereignis als Trauma erlebt sind
    Speicherung und Abruf dysfunktional!

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Gedächtnissysteme
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Sensorisches Gedächtnis
  • Das Ultrakurzzeitgedächtnis (UKZ), wird auch als
    sensorisches Gedächtnis bezeichnet. Die über die
    Sinne kommenden Informationen werden hier für
    einen Zeitraum von 0,5 - 2 Sekunden abgespeichert
    und während dieser Zeit auf ihre Bedeutsamkeit
    hin überprüft und gefiltert.
  • Nach dem kurzen Ablegen einer Information im UKZ
    geht alles Nutzlose wieder verloren. Nur ein ganz
    geringer, aber in irgendeiner Weise "bedeutsamer"
    Bruchteil schafft den Sprung ins nächste
    Gedächtnis - dem Kurzzeitgedächtnis.
  • Eine im sensorischen Speicher abgelegte
    Information kann weder wiederholt, noch direkt
    ohne Weiterbearbeitung erhalten werden.
  • Speicherung visueller, taktiler, auditiver,
    olfaktorischer und gustatorischer Items
  • Speicherkapazität unbegrenzt
  • Z.B. 100 Buchstaben/sec.
  • Kurze Speicherung des Materials bis zur
    Weiterverarbeitung (Bis 500 ms 2 sek)

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Kurzzeitgedächtnis
  • Kurzzeit- oder Arbeitsgedächtnis als bewusster
    Teil des Gedächtnissystems
  • Die Kurzzeitgedächtnisspanne des Menschen beträgt
    ca. 72 Items (5-9 Informationseinheiten)
  • Speicherung durch serielles Abtasten
  • Allerdings hängt die Kurzzeitgedächtnisspanne
    auch von der Länge des Aussprechens der
    Information ab.
  • So hat man festgestellt, dass Waliser eine
    kleinere Zahlenspanne haben als Engländer, weil
    das Aussprechen walisischer Ziffern länger dauert
    als das Aussprechen englischer Ziffern.

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Kurzzeitgedächtnis
  • Bitte merken

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Kurzzeitgedächtnis
  • Bitte merken

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Langzeitgedächtnis
  • Allgemein unterscheidet man drei Formen des
    Langzeitgedächtnisses
  • Deklaratives Gedächtnis
  • Das deklarative Gedächtnis, auch
    Wissensgedächtnis, speichert Tatsachen und
    Ereignisse, die bewusst wiedergegeben werden
    können. Man unterteilt das deklarative Gedächtnis
    in zwei Bereiche
  • Das semantische/assoziative Gedächtnis
    enthält das Weltwissen, von der Person
    unabhängige, allgemeine Fakten (Paris ist die
    Hauptstadt von Frankreich, Man hat eine Mutter
    und einen Vater).
  • Im episodischen/biographischen Gedächtnis
    finden sich Episoden, Ereignisse und Tatsachen
    aus dem eigenen Leben (Erinnerung an Erlebnisse
    bei einem Besuch in Paris, das Gesicht und der
    Name des eigenen Vaters).
  • Das deklarative Gedächtnis basiert auf neuronalen
    Strukturen im Neocortex.

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Langzeitgedächtnis
  • Prozedurales Gedächtnis
  • Das prozedurale/habituelle Gedächtnis, auch
    Verhaltensgedächtnis, speichert automatisierte
    Handlungsabläufe bzw. Fertigkeiten. Beispiele
    dafür sind Gehen, Radfahren, Tanzen, Autofahren,
    Klavierspielen Dabei müssen komplexe Bewegungen
    ausgeführt werden, deren Ablauf man gelernt und
    oft geübt hat, die nun aber ohne nachzudenken
    abgerufen werden können, also ohne dass sich das
    Bewusstsein um Bewegungsimpulse an verschiedenste
    Muskeln und ihre Koordination kümmern müsste.
    Verschiedene subkortikale Regionen (nicht im
    Neocortex gelegen und damit nicht dem Bewusstsein
    zugänglich) erbringen die Leistung des
    prozeduralen Gedächtnisses. Die Inhalte des
    nicht-deklarativen Gedächtnisses sind also
    insbesondere auch nicht sprachlich explizierbar.

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Langzeitgedächtnis
  • Traumatisierungen entstehen
  • 1. Durch intensivere Abspeicherung der
    Sinnesinformationen im assoziativen Gedächtnis
  • 2. Durch eine mangelhafte Verknüpfung von
    Informationen des assoziativen und biographischen
    Gedächtnisses (d.h. Informationen können keinem
    Zeitpunkt zugeordnet werden und treten daher
    potentiell zu jedem Zeitpunkt auf
    (flash-backs).

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Langzeitgedächtnis
  • Ein Trauma ist ein Ereignis, bei weder mit Kampf,
    noch mit Flucht auf eine (lebens-) gefährliche
    Bedrohung reagiert werden kann.
  • Durch eine Flucht nach innen sichert die Psyche
    dann das Überleben des Menschen.

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Langzeitgedächtnis
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Gedächtnissysteme
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  • Film

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  • Traumasymptomatik

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Traumakennzeichen
  • Symptomatik
  • Intrusionen (Nachhallerinnerungen, flash-backs,
    ggf. hervorgerufen durch Trigger, manchmal als
    wiederkehrende Alpträume)
  • Avoidance (Vermeidung von Triggern)
  • Hyperarousal (Hypervigilanz, überdurchschnittliche
    Aufmerksamkeit, Übererregung)
  • Latenzzeit von bis zu 6 Monaten
  • Traumafolgestörungen (Schlafstörungen,
    Reizbarkeit, Wutausbrüche, Konzentrationsschwierig
    keiten, Schreckhaftigkeit, Alpträume)
  • Mögliche Komorbiditäten im weiteren Verlauf
  • Alter 3-6 Unruhe, Aggressivität, sozialer
    Rückzug, Schlafstörungen
  • Alter 6-10 oppositionelle Verhaltensweisen,
    Schlafstörungen, Lern- und Leistungsschwierigkeite
    n
  • Alter 10-18 Suchterkrankungen (sedierende
    Mittel), depressive Störungen, Angststörungen,
    Dissozialität, Straffälligkeit, Suizidalität

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Traumakennzeichen
  • häufigste auslösende Situationen/Trigger
  • Sexueller Mißbrauch
  • Körperliche Mißhandlungen
  • Unfälle
  • Schwere Operationen
  • Naturkatastrophen
  • Kriegerische Ereignisse
  • Oft Herausnahme des Kindes aus der
    Herkunftsfamilie
  • Frage Trauma der Herkunftseltern durch
    Herausnahme des Kindes????
  • Bis zu 89 aller Traumatisierten entwickeln die
    Symptome unmittelbar nach dem traumatischen
    Ereignis, 11 aller Traumatisierten zeigen einen
    verzögerten Beginn. Das heißt die Symptome zeigen
    sich erst nach 6 Monaten, mitunter auch erst nach
    Jahren.
  • Merke Ohne erinnerbares Ereignis kein Trauma!!!

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Traumakennzeichen
  • Differenzierungen
  • Akuttrauma
  • Folge eines erst kürzlich stattfindenden
    Ereignisses
  • Chronisches Trauma
  • das traumatische Ereignis liegt lange zurück
    liegt
  • die Beschwerden bestehen seit längerem
  • Einfaches Trauma
  • ein traumatisches Ereignis
  • Zusammenhang zwischen traumatischem Ereignis und
    aktuellen Beschwerden
  • keine Amnesien in Bezug auf das traumatische
    Ereignis
  • PTBS, aber auch eine Depression oder eine
    Angststörung sind möglich.
  • geringe Komorbidität
  • Komplextrauma
  • viele, kumulative traumatische Ereignisse
  • die Symptome (emotional/psychisch/somatisch)
    stehen im Vordergrund und werden berichtet,
    weniger die traumatischen ausgeprägte Amnesien
    in Bezug auf die traumatischen Ereignisse
  • hohe Komorbidität

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Traumakennzeichen
  • Objektive Risikofaktoren
  • Art, Intensität und Dauer des traumatischen
    Ereignisses
  • Ausmaß der physischen Verletzung
  • Intentionalität (man-made disaster)
  • Irreversibilität der erlittenen Verluste
    sowie Höhe der materiellen Schädigung
  • Ständiges Erinnertwerden (Trigger)
  • Subjektive Risikofaktoren
  • Fehlende seelische Widerstandskraft
    (Resilienz)
  • Unerwartetes Eintreten des traumatischen
    Ereignisses
  • Geringer Grad der Kontrolle
  • Schulderleben
  • Ausbleiben fremder Hilfe sowie fehlende
    Anerkennung des erlittenen Unrechts
  • Psychische oder körperliche Vorerkrankungen
  • Familiäre Vorbelastung mit traumatischen
    Erfahrungen
  • Junges Alter (Kinder, Jugendliche) oder altes
    Alter (Senioren)

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Traumakennzeichen
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Traumakennzeichen
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Traumakennzeichen
  • Erinnerungen aus den ersten 3 Lebensjahren sind
    nicht verlässlich. Menschen erinnern sich
    eigentlich nicht an Geschehnisse aus den ersten 3
    Lebensjahren. Es handelt sich (infantile Amnesie)
    genannt wird.(Gore-Felton et al. 2000 Knapp u.
    Vande Creek 2000).
  • Je älter ein Kind ist, wenn es Opfer von
    traumatisierenden Ereignissen wird, und je
    schwerwiegender das Ereignis war, desto
    wahrscheinlicher ist es, dass es erinnert wird
    (Goldman et al. 2003).
  • Erinnerungen, ob richtig oder falsch, können
    emotional aufwühlen. Wird eine falsche Erinnerung
    z.B. an einen Missbrauch zu einem realen
    Bestandteil der persönlichen Geschichte eines
    Menschen, dann leiden beide, der Ankläger und der
    Angeklagte. Was sich ursprünglich aus einer
    reinen Suggestion entwickelte, kann wie ein
    echtes Trauma zu einer schmerzenden Erinnerung
    werden, die zu körperlichem Stress führen kann
    (McNally 2003).
  • Beispiel
  • Menschen, die bei einem Unfall, an dessen Hergang
    sie sich nicht erinnern können, bewusstlos
    werden, entwickeln manchmal später eine
    Posttraumatische Belastungsstörung, wenn sie von
    Erinnerungen verfolgt werden, die aus Fotos,
    Zeitungsberichten und den Aussagen von Freunden
    konstruiert werden (Bryant 2001).

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  • Arbeitsgruppen
  • Fragen
  • Welche der genannten Symptome erkenne ich wieder?
  • Wie gehe ich damit um, wenn mein Kind die
    Symptome zeigt?

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  • Pädagogik und Alltag
  • zwei Prinzipien der
  • Traumapädagogik

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Pädagogik und Alltag
  • Prinzipien traumaorientierter Pädagogik
  • Struktur vor Inhalt
  • Kooperation vor Veränderung
  • Gefahr Das sog. Betroffenheitsdilemma
  • Überprotektion (der hat so Schlimmes erlebt)
  • Kaum klare Strukturen (endlich darf er mal sein,
    wie er ist)
  • Fokus auf Bindung/Beziehung (der hat sich ja nie
    aufgehoben gefühlt)

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Pädagogik und Alltag
  • Struktur vor Inhalt
  • Strukturen und Grenzen geben Sicherheit!!!!
  • Klare Grenzen im Bezug auf Verhaltensweisen des
    Kindes (und entsprechende Strafen und
    Konsequenzen)
  • Klare innerfamiliäre Grenzen (Generationengrenze,
    Geschlechtergrenzen, Umweltgrenzen, Persongrenzen
    und entsprechende Grenzziehungen)
  • Klare Hierachien (Oben-Unten)
  • Klare Rollen (Wer macht wann was? Wer darf was?)
  • Klare Regeln (Wenn-Dann-Modus)
  • Klare zeitliche Strukturierung (Wann geschieht
    was?)
  • D.h. Verhandlung/Aushandlung nur auf gleicher
    Hierachieebene

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Pädagogik und Alltag
  • Kinder mit traumatisch wirkenden Erfahrungen
    benötigen Sicherheit. Das unwillkürliche
    Auftreten von flash-backs wirkt verunsichernd
    und bedrohlich.
  • Sicherheiten werden durch klare Strukturen
    geschaffen.
  • Da flash-backs (Leitsymptom von
    Traumatisierungen) mit einem hohen Maß an
    Emotionalität einhergehen, wirkt starke
    emotionale Zuwendung eher triggernd und damit
    kontraproduktiv . Es empfiehlt sich ein eher
    klarer, kognitiver und rationaler Umgang mit dem
    Kind.
  • Bei Konflikten in der Pflegefamilie hilft oft die
    Frage Was hätten meine Eltern (der
    Pflegeeltern) gemacht?
  • Wertschätzung und Akzeptanz statt elterliche
    Liebe

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Pädagogik und Alltag
  • Kooperation vor Veränderung
  • Ergänzungsfamilie vor Ersatzfamilie
  • Vermeidung von Konkurrenzen zwischen Pflegeeltern
    und leiblichen Eltern und Präsentation der
    Pflegeeltern als bessere Eltern
  • Keine Abwertung der leiblichen Eltern!
  • Haltung Die leiblichen Eltern haben alles so gut
    gemacht, wie sie konnten.
  • Kooperation mit und Begleitung der
    Herkunftseltern zur Kompetenzerweiterung (ggf.
    Anleitung durch oder Hospitation in der
    Pflegefamilie)
  • Leibliche Eltern sind immer Kooperationspartner
    und sollten so behandelt werden

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Pädagogik und Alltag
  • Beispiel
  • Die Rechtsstreitigkeiten beziehen sich auf ein
    noch nicht ganz fünfjähriges Kind, das seit kurz
    nach seiner Geburt auf Grund einer
    Adoptions-Freigabeerklärung der nicht
    verheirateten Kindesmutter in einer
    Adoptiv-Pflegefamilie lebt.
  • 1. Instanz Das OLG Naumburg hatte die Anträge
    des biologischen Vaters unter Hinweis auf die in
    der Pflegefamilie entstandenen sozialen und
    schützenswerten Bindungen des Kindes, somit aus
    Gründen des Kindeswohls zurückgewiesen.
  • 2. Instanz Die durch den biologischen Vater
    eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde vom
    Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht zur
    Entscheidung angenommen. Das BVerfG sah eindeutig
    keine Grundrechtsverletzung in der Entscheidung
    des OLG Naumburg.

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Pädagogik und Alltag
  • 3. Instanz Der Europäische Gerichtshof für
    Menschenrechte (EuGHMR) hatte auf Antrag des
    biologischen Vaters einen Verstoß gegen Art. 8
    Abs. 1 EMRK (Achtung des Familienlebens) gerügt,
    weil das OLG Naumburg dem biologischen Vater der
    Umgang mit seinem seit Jahren in Adoptionspflege
    lebenden Kindes zu Unrecht verweigert worden sei.
  • Der EuGHMR bezeichnet allein die biologische
    Herkunft zwischen dem Kind und seinen Eltern als
    ein Band, das dem Familienleben gleichkommt.
  • In Entscheidung hat der EuGHMR in diesem Fall
    nicht etwa die dort gewonnenen Bindungen des
    Kindes innerhalb der Pflegefamilie und das
    dortige Familienleben als schützenswert erachtet,
    sondern hat auf Antrag des leiblichen Vaters eine
    Verletzung von Art. 8 MRK (Achtung des
    Familienlebens) festgestellt und erläutert, es
    entspräche dem Kindesinteresse,
  • die familiären Beziehungen aufrecht zu erhalten,
    da der Abbruch solcher Beziehungen die Trennung
    des Kindes von seinen Wurzeln bedeutet.

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Pädagogik und Alltag
  • Der EUGH "erinnert (zur Frage des Sorgerechts) an
    seine ständige Spruchpraxis, nach der der Staat
    in Fällen, in denen eine familiäre Beziehung zu
    einem Kind besteht, so handeln muss, dass eine
    Weiterentwicklung dieser Beziehung erfolgen
    kann... Deshalb sind die Vertragsstaaten nach
    Art. 8 EMRK verpflichtet, geeignete Maßnahmen zur
    Zusammenführung eines leiblichen Elternteils mit
    seinem Kind zu ergreifen.
  • Insbesondere scheint das Gericht (OLG Naumburg)
    nicht geprüft zu haben, ob eine Zusammenführung
    des Kindes mit dem Beschwerdeführer unter
    Umständen möglich ist, die die Belastung des
    Kindes vermindern. Vielmehr berücksichtigte das
    OLG offensichtlich nur die unmittelbaren
    Auswirkungen einer Trennung des Kindes von seinen
    Pflegeeltern, ohne die langfristigen Auswirkungen
    einer dauerhaften Trennung von seinem leiblichen
    Vater zu erwägen.
  • Fazit Kooperation und Kontakt zu den leiblichen
    Eltern, soweit möglich, ist ein Menschenrecht!!

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Pädagogik und Alltag
Kooperation aller Beteiligten
Jugendamt als Moderator
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  • Was heißt
  • Professionalität
  • von Pflegeeltern?

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Was heißt Professionalität?
  • Professionalität ist an zwei Bedingungen
    geknüpft
  • 1. Auftrag der vermittelnden Institution (KJHG)
  • 2. Vergütung der Leistungen mit Gegenleistungen
    (Pflegeleistungen gegen Honorar oder sonstige
    Leistungen)
  • Pflegefamilien sind Maßnahmen stationärer
    Jugendhilfe und keine Eltern
  • Pflegeeltern arbeiten im Auftrag anderer und
    nicht im eigenen mit dem Ziel der
    Normalisierung
  • Pflegekinder haben leibliche Eltern, sie sind
    nicht Kinder der Pflegeeltern, sondern es
    herrscht ein professionelles Dienstleistungs- und
    Betreuungsverhältnis entsprechend KJHG
  • Dementsprechend keine Anrede als Mutter oder
    Vater, sondern Heinz und Gisela (Grenze
    System-Umwelt!)
  • Regelmäßige Fortbildung, Beratung und regelmäßige
    Reflexion als Intervision (Austausch von
    Pflegefamilien untereinander)
  • Pflegeeltern sind ein Bestandteil eines mehr oder
    weniger komplexen Herkunfts- und Hilfesystems

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Danke für Ihre Aufmerksamkeit
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