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Der Finnisch-Sowjetische Winterkrieg 1939-1940 und seine Bedeutung f r das Selbstverst ndnis der finnischen Nachkriegsgesellschaft Vortrag im Deutsch-Russischen Museum, – PowerPoint PPT presentation

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Title: Historian k


1
Der Finnisch-Sowjetische Winterkrieg 1939-1940
und seine Bedeutung für das Selbstverständnis der
finnischen Nachkriegsgesellschaft Vortrag im
Deutsch-Russischen Museum, Berlin Karlshorst 30.
November 2010, 18.00 Uhr Prof. Dr. Seppo
Hentilä (Universität Helsinki)
2
Der finnisch-sowjetische Winterkrieg vom
30.11.1939 bis zum 13.3.1940 Der Winterkrieg
beeinflusste und beeinflusst auch heute das
Geschichtsbewusstsein und die nationale Identität
in Finnland stärker als jede andere kritische
Phase der neueren Geschichte Die
Geschichtsdeutung über den Winterkrieg sucht in
der Einstimmigkeit ihres gleichen das gilt
sowohl für die Akademische Geschichtsforschung
als auch für das öffentliche Geschichtsbild In
der Nachkriegszeit hat die ganze Nation die
Rechtfertigung des Winterkrieges anerkannt sogar
die Linken (die Anhängerschaft der KP Finnlands)
haben sie nie in Frage gestellt
3
Etwas übertrieben könnte man sogar behaupten,
dass die Erinnerung an dem Winterkrieg so
heilig war, dass sie sogar während des Kalten
Krieges unter erheblichem politischem Einfluss
der Sowjetunion auf Finnland von der
sogenannten Selbstfinnlandisierung verschont
bleiben konnte Die mit dem Winterkrieg
verbundenen Erfahrungen und Erinnerungen an die
105 Tage der Ehre spiegeln sich durch solch
erhöhte Begriffe wie Wunder, Geist und nationale
Einmütigkeit wider. Dieses Geschichtsbild
spiegelt sich sowohl in der akademischen
Historiographie als auch in unzähligen Memoiren,
in der schönen Literatur, in der Gemäldekunst
und in den Spielfilmen wieder
4
In den Feierlichkeiten anlässlich des
Nationaltages der Republik Finnland am 6.
Dezember steht die Erinnerung am Winterkrieg im
Mittelpunkt die Reihen der Heldengräber werden
auf Friedhöfen mit Kerzen und Blumen dekoriert,
Kränze werden niedergelegt
5
Der Geist des Winterkrieges ist ein gängiges
Sprichwort im Alltag geworden als Lösung wird er
immer wieder angeboten, handelt es sich um die
Finanzkrise, die Aufrechterhaltung des
Wohlfahrtstaates oder um alle vorstellbaren
Schwierigkeiten im persönlichen Leben des jeden
einzelnen So ist Finnland wohl das einzige Land
auf der Verliererseite des Zweiten Weltkrieges,
in dem die historische Identität der großen
Mehrheit der Bevölkerung seit Kriegsende
ausgesprochen positiv auf die Kriegserinnerung
aufgebaut worden ist
6
Der sowjetische Überfall auf Finnland vom
30.11.1939 bis zum 13.3.1940
7
Im geheimen Zusatzprotkoll des sog.
Hitler-Stalin-Paktes vom 23.8.1939 erhielt die
Sowjetunion freie Hand gegenüber Finnland, den
baltischen Staaten, Ostpolen und dem rumänischen
Bessarabien Zur Gewährleitung der Sicherheit
Leningrads sollte Finnland seine südlichste
Spitze, die Halbinsel Hanko am Finnischen
Meerbusen, als Militärstützpunkt verpachten,
einen erheblichen Teil der Karelischen Landenge
sowie den Finnland gehörenden Teil der
Fischerhalbinsel bei Petsamo am Eismeer
vollständig abtreten   Die finnische Regierung
lehnte in den Verhandlungen mit Stalin und
Molotov in Moskau bis Mitte Nov. 1939 alle
Forderungen ab anders als die baltischen Länder
in der gleichen Situation entschied sich Finnland
sich militärisch zu verteidigen
8
Sogar die meisten in der politischen Führung des
Landes glaubten, dass die Krise letztendlich von
der so empfundenen tausendjährigen
Erzfeindschaft und von der vermeintlichen ewigen
Böswilligkeit der Russen gegenüber den Finnen
herrührte In der finnischen Geschichtstradition
wurde der Gegensatz zwischen Finnland und
Russland als einen Kampf zwischen dem kleinen
guten David und dem großen bösen Goliath
geschildert
9
Am Morgen des 30. November 1939 eröffnete die
Rote Armee auf breiter Front zu Lande, auf See
und aus der Luft den Angriff gegen
Finnland Obwohl die finnische Außen-und
Verteidigungspolitik seit der Erlangung der
Selbständigkeit ausschließlich auf die Abwehr der
vom Osten drohenden Gefahr orientiert war, kam
der Kriegsausbruch für die Regierung
überraschend Der Aggressor war kräftemäßig in
jeder Hinsicht überlegen
Der Oberbefehelshaber der finnischen
Streitkräfte, Marschall Gustaf Emil Mannerheim
(1867-1951)
10
Dass der Winterkrieg als ein Wunder erlebt
wurde, liegt an dem Endresultat des Krieges
Die Nation bewältigte eine angesichts ihrer
Kraftressourcen übermächtige Aufgabe, sie
verhinderte die Okkupation und bewahrte ihre
Selbständigkeit Der Geist des Winterkrieges
resultierte aus den gemeinsamen
Kraftanstrengungen und der Standhaftigkeit aller
Volksschichten. Die Bestürzung und Verzweiflung
der ersten Kriegstage wandelten sich bald in
Tapferkeit und Entschlossenheit jeder verstand,
dass der Nation keine andere Wahl blieb, als um
ihre Existenz zu kämpfen
Mannerheims Reiterdenk-mal im Zentrum von
Helsinki, errichtet 1961
11
Der Geist des Winterkrieges beruhte nicht nur auf
einer plötzlichen äußeren Bedrohung, vielmehr war
er ein Ergebnis der inneren Einigung der
finnischen Gesellschaft, die Ende der dreißiger
Jahre mit großen Schritten vorangekommen war Die
Einmütigkeit in Bezug auf den Winterkrieg
bedeutete einen nationalen Zusammenschluss und
die Heilung der Wunden des Bürgerkrieges des
Jahres 1918 Im Winterkrieg verteidigten die
Weißen und die Roten als Waffenbrüder das
gemeinsame Vaterland und wehrten den als
unberechtigt empfundenen Angriff des Feindes ab
Die Bürgerlichen waren von dem unnachgiebigen
Kampfeswillen der Arbeiterschaft völlig
überrascht
12
Das Misstrauen gegenüber den Roten war nach dem
Bürgerkrieg so tief gewesen, dass zehntausende
Arbeiterjungen vom Militärdienst befreit
wurden Wehrpflichtigen aus der Arbeiterschaft
waren quasi von der Offizier- oder
Unteroffizierausbildung ausgeschlossen Auch die
Führung der Sozialdemokratischen Partei Finnlands
(SDP) zeigte sich überrascht sie hatte
befürchtet, dass sich zumindest ein Teil der
Mitglieder der Partei weigern würde, die Waffe in
die Hand zu nehmen Es geschah jedoch nichts
dergleichen, sondern selbst die Linkssozialisten
und Kommunisten griffen zur Waffe auch sie
waren der Meinung, dass die sowjetische
Kriegs- propaganda grundlos war
13
  • Die Einigung der Nation wurde in den Tagen des
    Winterkrieges in zwei symbolträchtigen
    Erklärungen verkündet
  • Die gewerkschaftliche Zentralorganisation der
    Arbeiter und der Zentralverband der Arbeitgeber
    erkannten sich im Januar 1940 gegenseitig als
    Verhandlungspartner an diese Erklärung erhielt
    den Namen Januarverlobung
  • Am 16. Februar 1940 veröffentlichte der
    Parteivorstand der SDP eine Stellungnahme, in der
    festgestellt wurde, dass einem Eintritt
    sozialdemokratisch gesinnter Arbeiter in die
    Schutzkorps keine Hindernisse mehr im Wege
    stünden

14
Dass der Winterkrieg allgemein in der
Geschichtstradition als ungerechtfertigte
Aggression der Sowjetunion angesehen wurde,
lieferte den Finnen eine willkommene Ausrede in
Bezug auf die unangenehmen Fragen zu Finnlands
Waffenbrüderschaft mit dem Dritten Reich 1940-44
Auf diese Ausrede hat man sich in Finnland
konsequent sowohl in der gesellschaftlichen
Erinnerung als auch in der Geschichtsschreibung
berufen die Waffenbrüderschaft mit Deutschland
sei als Wiedergutmachung des durch den
Winterkrieg erlittenen Unrechts völlig berechtigt
gewesen Außerdem habe die Zusammenarbeit mit
Deutschland den Finnen in der damaligen Situation
den einzigen Ausweg geboten
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Die sowjetische Geschichtsschreibung kannte
keinen Krieg namens Winterkrieg Der Konflikt
zwischen Finnland und der Sowjetunion 193940 war
kein Krieg gewesen, sondern eine Reihe von den
Westmächten provozierten Streitigkeiten an der
Grenze Der heldenmütigen Roten Armee war es
gelungen die Aggression der finnischen Banditen
abzuwehren und die Stadt Lenins zu beschützen
Absolutes Tabu war der Begriff Winterkrieg auch
in der DDR-Geschichtsschreibung
16
Während der Perestroika wandte sich das russische
Geschichtsbild über den Winterkrieg um 180 Grad
In gemeinsamen Seminaren und Publikationen von
finnischen und russischen Historikern anlässlich
des 50. Jahrestages des Beginns des Winterkrieges
im Herbst 1989 bekannten sich führende russische
Historiker, wie D. A. Wolkogonow und M. I.
Semirjaga, völlig dem finnischen Geschichtsbild
zu Die Wende der russischen Geschichtsdeutung
vom Winterkrieg wurde in der finnischen
Öffentlichkeit mit Genugtuung zur Kenntnis
genommen in der Ära Putin ist das Rad der
Geschichte seit 1999 allmählich wieder
zurückgedreht worden
17
Aktuell gibt es zwischen Finnland und Russland
keine offene Konfrontation in der
Geschichtsdeutung über den Winterkrieg Der
Winterkrieg wäre hier nicht das Thema höchster
Priorität vielmehr gehen die Meinungen über den
sogenannten Fortsetzungskrieg 19411944 weit
auseinander Die Tendenz, diesen Krieg in
Finnland für einen Separatkrieg zu erklären, der
keine Verbindung zu Hitlers Aggression gegen die
Sowjetunion hatte, wurde und wird in den
russischen Medien immer wieder scharf kritisiert
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